„Catcalling“ als Präventionsthema

Kriminologin Laura-Romina Goede mit Vortrag zu Gast beim Loxstedter Präventionsrat

Laura-Romina Goede ist studierte Kriminologin, arbeitet am Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen in Hannover und forscht dort überwiegend zu soziologischen Themen mit kriminologischem Bezug. Mit ihrem Vortrag „Catcalling – Ausmaß und Folgen der verbalen sexuellen Belästigung“ war sie jetzt zu Gast bei der 17. Offenen Präventionsversammlung des Präventionsrates Loxstedt.

Ulrike Meinhardt, Präventionsrat Loxstedt
Laura-Romina Goede, Kriminologin am Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen
Leo Mahler, Geschäftsführer Präventionsrat Loxstedt

Im Rahmen einer Online-Befragung habe es im Herbst 2021 über einen Zeitraum von sechs Wochen fast 10000 Klicks gegeben, knapp 4000 Fälle seien nach Datenbereinigung zur Auswertung gekommen, beschrieb Laura-Romina Goede den Umfang der Befragung. Es handele sich dabei nicht um eine repräsentative Umfrage, da eher Betroffene teilgenommen hätten. Unter den Begriff „Catcalling“ würden Formen verbaler sexueller Belästigung und anderer nicht körperlicher aufgedrängter Sexualität im öffentlichen Raum wie Pfeifen, Kussgeräusche, aufdringliches Anstarren, Bewertung des Aussehens, sexistische Ansprachen, obszöne Witze, Beleidigungen aufgrund des Geschlechts, Bedrängen, Verfolgen, Aufdringlichkeiten sowie Bilder und Videos mit sexuellem Inhalt fallen. Betroffen sei überwiegend eine sehr junge Altersgruppe, die noch im Prozess ihrer Identitätsfindung stecke. „Darunter sind auch Männer, nicht nur weibliche und divers-geschlechtliche Personen“, so Laura-Romina Goede.

Die wichtigste Zielgruppe im Rahmen von Präventionsarbeit seien die 16- bis 19-Jährigen. Gerade in den Schulen sollten stereotype Geschlechterrollen hinterfragt werden, so ihre Handlungsempfehlung. Die Begrifflichkeit sehe sie kritisch: „Der Begriff „Catcalling“ soll an das Locken einer Katze erinnern und ist nicht wirklich gut gewählt“, ging die Referentin auf die aus dem Begriff klingende Verniedlichung ein. Dennoch sei es gut, dass die Sache an sich benannt werden könne: „Es ist ein ernstes Thema, das in die Öffentlichkeit gebracht werden muss, um eine gewisse Sensibilität zu erreichen“, so die Kriminologin. Man müsse Zeichen setzen, um solche Belästigungen nicht zuzulassen und die Betroffenen ermutigen, aktiv zu werden. Insbesondere Menschen mit einem geringen Selbstwertgefühl würden unter den Folgen leiden.

Laura-Romina Goede stellte die Ergebnisse der Online-Umfrage, detailliert unterteilt in unterschiedliche Kategorien, vor. Beschrieben wurden Ausmaß der Belästigungen, Ort, Personenkonstellationen sowie das Alter und Geschlecht der Betroffenen. Häufig passiere insbesondere nonverbales „Catcalling“ abends auf öffentlichen Plätzen Personen, die alleine unterwegs sind. Als Folgen würden diese Orte oder bestimmte Routen gemieden. Zudem sei das mentale Empfinden betroffen, ein Gefühl von Unsicherheit an bestimmten Orten entstehe. Auch die Bewältigungsstrategien sowie die Erfahrungen bei der Polizei wurden beleuchtet sowie die Frage nach der Befürwortung einer Sanktionierung gestellt.

In der sich dem Vortrag anschließenden Diskussion wurde die Frage nach einer Einstufung als eine Ordnungswidrigkeit besprochen. Zudem wurde erläutert, ob es eine politische Aufgabe sei, für eine gesellschaftliche Sensibilisierung und für einen Bewusstseinswandel zu sorgen und was gegen „Catcalling“ auf der individuellen und der gesamtgesellschaftlichen Ebene helfen könne. Dabei sprach sich Laura-Romina Goede dafür aus, sich nicht nur auf eine Strafrechtnorm zu fokussieren, sondern auch auf Sensibilisierungsmaßnahmen. Es sei eine gute Idee, der Gesellschaft aufzuzeigen, dass Belästigungen dieser Art nicht normal seien, nur weil sie ständig passierten, gab es dazu eine Meinung aus dem Publikum.

In der Verantwortung sah Leo Mahler, Geschäftsführer des Loxstedter Präventionsrates, auch die Präventionsarbeit. „Wir erleben immer mehr gesellschaftliche Entgleisungen, insbesondere im Internet, wo auch Prävention stattfinden muss“, meinte er. Einen Aufruf an die Elternarbeit zu Hause gab es ebenfalls aus dem Publikum: „Das Selbstbewusstsein der Kinder muss gestärkt werden“, hieß es. Schon früh in der Kindererziehung gelte es, ein Umfeld zu schaffen, in dem Kinder sich gegenüber ihren Eltern öffnen könnten, so ein Diskussionsteilnehmer.

Ein entsprechendes Gesetz, das „Catcalling“ strafbar mache, könne zu einem Bewusstseinswandel führen, sagte Dozentin Laura-Romina Goede. Für die Aufnahme in den Rechtskatalog sprach sich auch eine Zuhörerin aus: „Es scheint notwendig, das juristisch anzugehen, dann sind die Regeln festgezurrt.“ Mehr Zivilcourage forderte Leo Mahler: „Wir müssen uns einmischen und aufmerksam machen.“ Der Präventionsrat Loxstedt habe das Thema bereits für sich aufgegriffen und plane eine entsprechende Aktion in diesem Jahr.

Quelle: https://www.loxstedt.de/portal/meldungen/-catcalling-als-praeventionsthema